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Coronabewusstes Reisen

Ist es verwerflich, in diesen Zeiten in den wohl verdienten Urlaub zu fahren? Zu egoistisch, zu rücksichtslos? Oder sollten sich alle, die Bedenken haben, einfach zuhause einsperren und die Reiselustigen unbeschwert ihr Leben genießen?

Sehr emotional vorgebrachte Meinungen rund um das Reisen während Corona bilden derzeit den Diskurs in verschiedenen Facebook-Gruppen sowie aber auch im privaten Bereich. Während manche der Sicher- und Unsicherheit halber lieber in diesem Jahr auf Auslandsreisen verzichten, zieht es andere hingegen in den sonnigen Süden, nicht zuletzt, um Abstand von der andauernden Corona-Debatte im Heimatland zu gewinnen. Beide Ansichten sind durchaus verständlich. Lässt sich Corona aber andernorts tatsächlich eine Weile ausblenden, ohne dabei nötige Abstands- und Hygieneregeln zu vernachlässigen?

Kroatien beispielsweise verzeichnet aktuell 467.000 Touristen; seit dem noch gespenstisch leeren Juni sind inzwischen merklich viele Urlauber ins Land gekommen, Strände, Cafés und Restaurants füllen sich, Ausflugsorte wirken nicht mehr wie Geisterstädte. Und dennoch ist es nach wie vor grundsätzlich möglich, auf ausreichenden Abstand und eine ordentliche Hygiene zu achten, wird man auch überall durch bereitgestellte Händedesinfektion und ausgehängte Empfehlungen, wie etwa zum Maskentragen und Abstandswahren, an die aktuelle Situation erinnert. Hier ist die Vernunft eines jeden einzelnen gefragt, ohne aber mit dem Finger auf den jeweils anderen zu zeigen. Ja, Sie sehen hier mittlerweile mitunter vollbesetzte Restaurants, ebenso wie aber auch nur spärlich besuchte; ist es Ihnen in einem zu viel, stehen Ihnen genügend Ausweichmöglichkeiten zur Verfügung. An den Stränden herrscht zwar wieder reges Treiben, jedoch gerade so viel, dass Ihnen ein eigenes Plätzchen mit ausreichend Abstand zu Ihren Nachbarn verbleibt. Beim Einkaufen steht es Ihnen in der Gespanschaft Split-Dalmatien derzeit noch frei, eine Maske zu tragen oder auch nicht, die Verkäufer treffen Sie seit den erneut aufkommenden Corona-Fällen wieder häufiger mit einer Mund-Nasen-Bedeckung und Handschuhen an, ebenso wie auch hier Plexiglasscheiben an den Kassen angebracht sind. In Apotheken und kleineren Shops oder Kiosks achtet man weitestgehend auf einen geregelten Einlass nur einzelner Personen. Selbst an zahlreichen Verkaufsständen am Strand haben Sie die Möglichkeit der Händedesinfektion, an den Zapfsäulen der Tankstellen liegen Einmalhandschuhe bereit und auch zwingt Sie sonst niemand, in engeren Körperkontakt zu treten als Ihnen lieb ist. Sogar die Möglichkeit privater Bootstouren ist in dieser besonderen Urlaubssaison gegeben, sei es durch Glück oder einen geringen Aufpreis. Private Vermieter halten ebenfalls Desinfektionsmittel für ihre Gäste bereit und geben bei Bedarf natürlich Auskunft über die aktuell bestehenden Regelungen. Ob Sie nun eine An- und Abreise per Flugzeug oder mit dem eigenen PKW bevorzugen, müssen Sie ebenso wie Ihr Verhalten im Urlaubsland, wenn keine gesetzlich vorgeschriebenen Regeln gelten, ausnahmsweise für sich selbst entscheiden. Aufgrund der jedoch immer wiederkehrenden Flugausfälle ist eine Anreise mit dem Auto wahrscheinlich aktuell empfehlenswerter und im Hinblick auf eine mögliche Infektion natürlich auch sicherer.

Was aber können Sie sonst noch unternehmen, um Ihren Urlaub im Sinne der Pandemie-Eindämmung trotzdem zu genießen? Sicherlich ist es derzeit, egal wo, ratsam, größere Ansammlungen von Menschen zu vermeiden, entstanden im Laufe dieser Krise daraus immerhin oftmals sogenannte Hotspots. Wer aber ohnehin kein Partyurlauber ist, sollte damit die geringsten Probleme haben. Nutzen Sie stattdessen die derzeitige Lage zur entspannten und ruhigen Erkundung Ihres Urlaubsziels und zur tatsächlichen Erholung abseits der – wenn auch kleiner als gewohnten – Touristenströme. Der Besuch beliebter Sehenswürdigkeiten oder Märkte lohnt sich oft in der Frühe, um nicht in den größten Andrang zu geraten. Achten Sie in Gastronomiebetrieben auf Ihnen genehme hygienische Verhältnisse und greifen bei Unsicherheit doch ruhig auch mal zu einem Eis am Stiel anstatt zur handschuhlos überreichten Alternative. Wozu ständig irgendwo einkehren, wenn sich das Eis, das Bier oder auch ein ganzes Picknick doch wunderbar an einem schönen und ungestörten Plätzchen in der Natur genießen lässt? Das Bier genießen Sie zudem am besten „stilvoll“ aus dem Becher statt der Dose. Reine Vorsicht statt Angst. Ein Restaurant- oder Cafébesuch sei Ihnen und natürlich auch den Wirten sehr gegönnt. Geben Sie aber vielleicht auch mal denjenigen eine Chance, die derzeit keine oder nur wenige Gäste verzeichnen. Ihr Urlaub könnte sich durch den neuen Ideenreichtum zu einem unvergesslichen Erlebnis durch neue Entdeckungen entwickeln. Sehen Sie grundsätzlich alles etwas entspannter, ist das ebenfalls Ihr gutes Recht, nicht aber rücksichtslos mit Ihren Mitmenschen umzugehen. Akzeptieren Sie Abstandswünsche und eventuelle Ängste der anderen und erfreuen sich stattdessen an denjenigen, die Ihnen aufgeschlossener gegenübertreten. Es gilt, die gesunde Mitte zu finden. Halten Sie vorsichtshalber, egal welcher Meinungsgruppe Sie angehören, Nummern und Anlaufstellen für den Notfall bereit und planen Sie gegebenenfalls auch eine flexible Rückreise aufgrund neuer Bestimmungen oder einer Lageveränderung ein. Zu der eigentlich auch außerhalb Corona gelten solltenden Hust- und Niesetikette sei anzumerken, dass dies in diesen Zeiten in der Öffentlichkeit gar peinlicher ist als ein versehentlich entwichener Pups, Sie also in diesem Fall auch im Urlaub besser drinnen bleiben oder in einer einsamen Bucht zwecks Salzwassertherapie das Weite suchen.

Fakt ist, es gilt derzeit überall, den von den Regierungen festgeschriebenen Corona-Maßnahmen Folge zu leisten und Empfehlungen zumindest zu beherzigen. Sind die Regelungen bereits etwas lockerer als in Ihrem Heimatland, liegt es an Ihnen selbst, für sich die richtigen Entscheidungen zu treffen, nicht aber, diese anderen aufzuerlegen. Bedenken sollten jedenfalls alle miteinander die Kapazitäten der jeweiligen Gesundheitssysteme und nicht leichtfertig damit umgehen, wenn man auch selbst eine adäquate Behandlung wünscht. Corona lässt sich in Kroatien immerhin insofern eine Weile ausblenden, als dass die Kroaten das Beste aus (je)der Situation machen und auch trotz Corona nicht vergessen, das Leben zu leben, ohne dabei die Pandemie jedoch gänzlich außer achtzulassen. Man betrachtet Sie respekt- und liebevoll als Mensch, nicht als einen potenziell Infizierten. Vor allem Kinder werden nicht wie eine Gefahrenquelle gemieden, sondern eben wie Kinder behandelt. Mit Liebe und Herzlichkeit. Aspekte, die – zum Beispiel aus Deutschland kommend – sehr erholsam sind! Menschlich bleiben ist gefragt. In jede Richtung.

Genießen Sie Ihren Urlaub, ob im Ausland oder auf Balkonien, und bleiben Sie gesund!

Nachtrag vom 11.07.2020: Ab Montag, den 13. Juli 2020, gilt kroatienweit eine Maskenpflicht beim Einkaufen, bei gestattetem Besuch in Pflegeeinrichtungen sowie für das Personal im Gastgewerbe und Gesundheitseinrichtungen. Die Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln hat ebenfalls weiterhin Bestand.

Das Ding mit der Angst

Die weltweit bekannte German Angst schlägt gerade mit voller Wucht zu. Dabei wissen wir doch, dass Angst kein guter Ratgeber ist. So zumindest versuchte man uns zur (bereits vergessenen) Flüchtlingskrise wenigstens einzureden, handelte es sich schließlich bei den Negativbeispielen zu Integrierender lediglich um Einzelfälle und nicht um die Regel. Umso erstaunlicher also, dass man sich nun im Würgegriff der Angst ausgerechnet aufgrund schrecklicher Einzelfälle suhlt. Auch Obergrenzen sind plötzlich erwünscht, gar absolute Voraussetzung zur Rettung der Menschen. Geschlossene, kontrollierte Grenzen. Was doch alles möglich ist, wenn die Scheiße an der eigenen Haustür förmlich anklopft, sie eben spürbar den so bequemen Alltag tangiert. Jeder ist sich selbst halt doch der Nächste. Was wir auch daran merken, dass ein jeder gerade vehement seine ganz persönlichen Interessen zu verteidigen versucht. Seien diese gesundheitlicher, monetärer, freiheitlicher oder auch allmächtiger Natur. Soweit völlig ok. Was hingegen nicht ok ist, ist dieser somit immer bedauerlicher werdende Zustand unserer Gesellschaft. Ja, es ist beängstigend. Und es lähmt.

Ich habe Angst. Vor einer um sich greifenden Atmosphäre aus Wahn und Verzweiflung. Manche sind der Meinung, dass so genannte Verschwörungstheoretiker einem Wahn verfallen seien, wovon ich in etlichen Fällen ebenfalls ausgehe. Jedoch sehe ich dies ebenso bei denjenigen, die gerade liniengetreu ihr Leben aus solidarischen Gründen komplett aufgeben. Und daran psychisch zugrunde gehen. Nicht schön. Ebenso wenig wie die eigenen Kinder traurig und unverständlich sehen und auf alle möglichen Freiheiten vertrösten zu müssen. Etwa solche, seine Liebsten sehen und umarmen zu dürfen, anstatt mit Abständen und Hygieneritualen in einer maskierten Umgebung vorlieb nehmen zu müssen. Ich ertrage Kontaktbeschränkungen eine ganze Weile, da ich als erwachsener Mensch schon so einiges erlebt habe und gewohnt bin. Aber da musste ich erst einmal hinkommen. Ich weiß, was es heißt, Angst um die eigene Gesundheit haben zu müssen. Ich weiß, was es heißt, Todesangst zu verspüren. Und ich möchte nicht, dass meine Kinder derartige Ängste in ihren jungen Jahren haben müssen. Nichts anderes aber geschieht derzeit, wenn wir selbst unsere Kinder unter Masken zwingen und ihnen ein normales, unbedachtes Spielen mit ihren Freunden oder die Umarmung mit den eigenen Großeltern verwehren. Angst macht krank. Sie macht schwach, hilflos und am Ende wahnsinnig. Angst macht Angst. Und tieftraurig.

Was wir aktuell erleben, könnten wir durchaus als Massenpanikattacke beschreiben, wobei jeder seinen ganz persönlichen Trigger hat, den wir höchstens durch beruhigende Worte und einen Perspektivwechsel, also unaufgeregte Aufklärung und Auseinandersetzung abschwächen und nur mit sehr viel Glück beseitigen können. Unnötig also die Bezeichnung als Leugner. Ein Begriff, der die Deutschen wohlwissend knebelt. Ein durchaus beruhigender Aspekt etwa ist, dass wir es glücklicherweise nicht mit Ebola zu tun haben. Dies soll nicht als Hohn auf Erkrankte verstanden werden, sondern lediglich als Fakt, der uns den Umgang mit der Pandemie insgesamt doch eigentlich erträglicher machen könnte. Ich möchte, ebenso wie jeder andere, nicht schwer am Coronavirus erkranken, genauso wenig wie an einer Grippe, einem Schlaganfall oder anderen Krankheiten. Würde man mir jedoch jeden Winter die – ebenfalls vorkommenden – gesunden und jungen Opfer einer Influenza medial präsentieren, führte dies auf Dauer sicherlich dazu, dass ich anstatt rauszugehen, lieber einen Winterschlaf hielte. Aber das Leben geht weiter. Bis es eben endet. Ob durch ein Virus oder durch Angst. Die Angst jedoch bringt uns schon um, bevor wir wirklich tot sind.


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