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Die Gedanken sind frei

Samstag Morgen. Ok, fast Mittag, aber ich fühle mich wie kurz nach dem Aufwachen. Schlapp, müde, die Augen halb zugekniffen, die Knochen lahm. Eigentlich fühle ich mich derzeit ständig so. Im Grunde genommen würde ich also besser liegen bleiben und einfach schlafen. Kraft sammeln auf dalmatinische Art.

Nach diesem herbstlichen Sommer mit Dauerregen und Softshelljacken bin ich alles andere als gestärkt für den kommenden Herbst. Blass, überarbeitet und zusätzlich von tausend Baustellen belästigt, von denen eine natürlich drängender als die andere ist. Aber es hilft nichts, ich kann sie nicht wegzaubern. Frei nach Merkel sind sie jetzt nun mal da. Kurzum: Ich fühle mich wie die Corona-Vulnerablen. Ganz ohne diese verhöhnen zu wollen, das dürfen Sie mir glauben.

Mein Immunsystem ist meiner Meinung nach absolut nicht vorbereitet auf die kalte Jahreszeit und leider sehe ich derzeit auch keine Möglichkeit, es groß zu stärken. Orahovac is‘ auch alle und ziemt sich in Deutschland um diese Uhrzeit nicht. Spontanen Peka-Treffen stehen irgendwelche 2-3-was-weiß-ich-G’s, Ängste, steigende Zahlen und sonstige Unsicherheiten im Wege, sodass man sie lieber auf „die Zeit danach“ vertagt. Das Leben lässt sich schließlich wunderbar pausieren, wir haben ja genug davon. Was einem Autoren da bleibt, ist seine größte Stärke – die Gedanken. Nun, die hat natürlich jeder, jedoch besteht sie beim Autoren darin, sie pointiert zu Papier zu bringen und sie als Hilfestellung festzuhalten. Wenn nicht für die chaotische Jetzt-Welt, in der alle miteinander schreien und Selbstgespräche einem oftmals sinniger erscheinen als nutzlose Endlosdiskussionen, dann doch vielleicht für die Nachwelt.

Was aber will ein Autor eigentlich bezwecken? Ist er selbstverliebt und hört sich selbst am liebsten reden, respektive sieht sich selbst am liebsten schreiben? Ist er ein Theatraliker, der die Welt bloß unterhalten will? Ist es sein unbändiger Drang, ja seine regelrechte Sucht, seine vielen Gedankengänge sortieren und rauslassen zu müssen? Steckt vielleicht eine wohlgemeinte Absicht dahinter, seinen Mitmenschen seine Sicht der Dinge in Ruhe mitzuteilen, um zum Nachdenken anzuregen, Verständnis zu zeigen für alle Facetten, die das Leben zu bieten hat? Gut möglich, dass es eine Mischung aus allem ist.

Jedoch noch wichtiger als die eigene Gefühlswelt ist zum Schreiben die der anderen. Ist ja trotz theatralischem Selbstdarstellertum nicht so, dass der kleine spleenische Autor in seiner Schreibkammer, aber auch da draußen, nicht zahlreiche Gespräche mit seinen Mitmenschen führen und Stimmungen auffangen würde. Auch aus Kroatien. Nur verstehen die Kroaten einfach nicht, dass es uns Deutschen viel schlechter geht. Also grundsätzlich. Bitte lassen Sie uns das Leiden bis zur Selbstaufgabe, es ist alles, was wir haben. Nix Peka, nix Umarmungen, kein gar nix. Also bitte. Lassen Sie uns leiden. Und denken. Darüber, wie wir aus dem Tief wieder rauskommen. Wir brauchen da manchmal etwas. Aber Zeit ist ja da. En masse. Also samo polako.

Aus dieser gesamten Gedankenwelt, in der dem winzigen Autor ebenso wenig erspart bleibt wie den anderen, grübelt und philosophiert er über Themen von aktueller, aber auch zeitloser Relevanz. Aktuell scheint es so, dass niemand die Antwort weiß oder das Ende kennt. Und dennoch bleiben jedem von uns die Gedanken, die mehr Kraft haben, als sie jetzt vielleicht meinen. Halten Sie Augen und Ohren weiterhin offen, beobachten Sie genau und letztlich hören Sie auf Ihre tiefsten und ehrlichsten Gedanken, die Ihnen den richtigen Weg ans Ziel, zumindest aber durch diese Zeit zeigen. Hören Sie nicht auf, sich Ziele zu setzen. Seien Sie mutig. Was haben Sie noch zu verlieren? Nur sich selbst und das sollten Sie mit aller Kraft vermeiden!

In einer Reportage schrieb ich kürzlich, dass ich nicht mehr nach Kroatien zurück will. Ich hätte öffentlich den Mund gewiss nicht so voll genommen, wenn das nicht stimmen würde. Ja, es stimmt – ich will nicht mehr zurück. Nur noch unter einer einzigen Bedingung, die ich mit jeder Faser meines Körpers spüre. Und darauf fokussieren sich nun meine Gedanken. Auf mein persönliches Ziel in dieser aussichtslos wirkenden und beklemmenden Zeit. Die Gedanken sind frei und der Schlüssel zum Ziel. Ignorieren Sie sie nicht – folgen Sie Ihnen!

Das Ding mit der Angst

Die weltweit bekannte German Angst schlägt gerade mit voller Wucht zu. Dabei wissen wir doch, dass Angst kein guter Ratgeber ist. So zumindest versuchte man uns zur (bereits vergessenen) Flüchtlingskrise wenigstens einzureden, handelte es sich schließlich bei den Negativbeispielen zu Integrierender lediglich um Einzelfälle und nicht um die Regel. Umso erstaunlicher also, dass man sich nun im Würgegriff der Angst ausgerechnet aufgrund schrecklicher Einzelfälle suhlt. Auch Obergrenzen sind plötzlich erwünscht, gar absolute Voraussetzung zur Rettung der Menschen. Geschlossene, kontrollierte Grenzen. Was doch alles möglich ist, wenn die Scheiße an der eigenen Haustür förmlich anklopft, sie eben spürbar den so bequemen Alltag tangiert. Jeder ist sich selbst halt doch der Nächste. Was wir auch daran merken, dass ein jeder gerade vehement seine ganz persönlichen Interessen zu verteidigen versucht. Seien diese gesundheitlicher, monetärer, freiheitlicher oder auch allmächtiger Natur. Soweit völlig ok. Was hingegen nicht ok ist, ist dieser somit immer bedauerlicher werdende Zustand unserer Gesellschaft. Ja, es ist beängstigend. Und es lähmt.

Ich habe Angst. Vor einer um sich greifenden Atmosphäre aus Wahn und Verzweiflung. Manche sind der Meinung, dass so genannte Verschwörungstheoretiker einem Wahn verfallen seien, wovon ich in etlichen Fällen ebenfalls ausgehe. Jedoch sehe ich dies ebenso bei denjenigen, die gerade liniengetreu ihr Leben aus solidarischen Gründen komplett aufgeben. Und daran psychisch zugrunde gehen. Nicht schön. Ebenso wenig wie die eigenen Kinder traurig und unverständlich sehen und auf alle möglichen Freiheiten vertrösten zu müssen. Etwa solche, seine Liebsten sehen und umarmen zu dürfen, anstatt mit Abständen und Hygieneritualen in einer maskierten Umgebung vorlieb nehmen zu müssen. Ich ertrage Kontaktbeschränkungen eine ganze Weile, da ich als erwachsener Mensch schon so einiges erlebt habe und gewohnt bin. Aber da musste ich erst einmal hinkommen. Ich weiß, was es heißt, Angst um die eigene Gesundheit haben zu müssen. Ich weiß, was es heißt, Todesangst zu verspüren. Und ich möchte nicht, dass meine Kinder derartige Ängste in ihren jungen Jahren haben müssen. Nichts anderes aber geschieht derzeit, wenn wir selbst unsere Kinder unter Masken zwingen und ihnen ein normales, unbedachtes Spielen mit ihren Freunden oder die Umarmung mit den eigenen Großeltern verwehren. Angst macht krank. Sie macht schwach, hilflos und am Ende wahnsinnig. Angst macht Angst. Und tieftraurig.

Was wir aktuell erleben, könnten wir durchaus als Massenpanikattacke beschreiben, wobei jeder seinen ganz persönlichen Trigger hat, den wir höchstens durch beruhigende Worte und einen Perspektivwechsel, also unaufgeregte Aufklärung und Auseinandersetzung abschwächen und nur mit sehr viel Glück beseitigen können. Unnötig also die Bezeichnung als Leugner. Ein Begriff, der die Deutschen wohlwissend knebelt. Ein durchaus beruhigender Aspekt etwa ist, dass wir es glücklicherweise nicht mit Ebola zu tun haben. Dies soll nicht als Hohn auf Erkrankte verstanden werden, sondern lediglich als Fakt, der uns den Umgang mit der Pandemie insgesamt doch eigentlich erträglicher machen könnte. Ich möchte, ebenso wie jeder andere, nicht schwer am Coronavirus erkranken, genauso wenig wie an einer Grippe, einem Schlaganfall oder anderen Krankheiten. Würde man mir jedoch jeden Winter die – ebenfalls vorkommenden – gesunden und jungen Opfer einer Influenza medial präsentieren, führte dies auf Dauer sicherlich dazu, dass ich anstatt rauszugehen, lieber einen Winterschlaf hielte. Aber das Leben geht weiter. Bis es eben endet. Ob durch ein Virus oder durch Angst. Die Angst jedoch bringt uns schon um, bevor wir wirklich tot sind.


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