Ich befürchte, die Zeit ist gekommen, in der Gespräche und große Worte keinen Sinn mehr machen. Zu vergiftet die Atmosphäre. Dabei macht der vermeintliche Bildungsgrad auch keinen Unterschied, es sind einzig und allein die Ängste und andere Emotionen, die aus den Menschen sprechen. Selbst der bis hin geglaubte kluge Mensch hat inzwischen einen unaufhaltsamen Hass entwickelt, dem mit Vernunft und Appell nicht mehr zu begegnen ist. Es spielt auch keine Rolle, was die Menschen im einzelnen zu dieser Wut auf den anderen veranlasst – sie ist da. Und sie wird durch immer fetteres Futter gestärkt und gezüchtet, ausgeweitet und selbst der Unschuld in Person antrainiert. Die Zeit ist gekommen, in der es kein Zurück mehr gibt.
Nun muss gehandelt werden
Nein, dies ist kein Aufruf zu unrechtmäßigem Handeln. Es ist ein Aufruf zu Nächstenliebe. Eine offensichtlich unüberwindbare Hürde in dieser Zeit, ist selbst die Kirche nicht mehr in der Lage dazu. Nun ist jeder einzelne gefragt, Wärme und Licht ins Dunkel zu bringen. So unterschiedlich wir alle auch sind – vor Gott sind wir gleich. Es ist jetzt Aufgabe, den richtigen Weg zu finden. Jeder für sich. Der Weg, auf dem Liebe die Richtung weist, wird am Ende zu einem zusammenführen. Der andere wird bröckeln. Und dort, wo geschwiegen wird, werden die Herzen verkümmern. Nur Liebe zum Nächsten ist der Antrieb zu richtigem Handeln.
Jeder für sich
Es scheint jeder mit sich selbst beschäftigt. Vermutlich ist das wichtig, um der Wahrheit des Herzens folgen zu können. Aber es macht müde. Müde, noch weitere Worte zu bemühen. Sie sind zum Überdruss geworden. Hört sie noch jemand? Interessiert sie noch jemand? So seien sie ein Zeitdokument. Aus einer Phase, in der es laut und ruhig zugleich wurde und in der nur noch die ausgestreckte Hand zählte. Bei den Hassenden aus purem Egoismus, bei den Liebenden als Einladung in offene und reine Herzen. Jeder für sich entscheidet, warum er seine Hand ausstreckt.
Hilflosigkeit
Man fühlt sich so allein, so unverstanden, so hilflos. Worte verpuffen alle im Geschrei der Verzweiflung und ich bin es leid! Leid, die immer selben Diskussionen um Nichts zu führen. Leid, den unendlichen Hass weiter ertragen zu müssen. Leid, dass Freundschaften und Familien daran zerbrechen. Leid, dass Leid gegen Leid aufgewogen wird. Leid, das Leid mit anzusehen. Leid, noch was zu sagen. Aber auch leid, einfach nur zuzusehen. Leid, gelähmt zu sein.
Wenn die Kraft ausgeht
Die Kraft schwindet meist, wenn der Weg aussichtslos erscheint. Sähen wir Licht am Horizont, könnten wir leichter unsere Reserven aktivieren. Wird die ausgestreckte Hand jedoch ignoriert, so verbrauchen sich die Reserven für Trauer. Die Hand sinkt langsam herab. Zeit für die Schweigenden, ihre zu reichen. Es ist ein Wechselspiel aller Kräfte. Jeder für sich und alle gemeinsam. Zum Herzen hin. Übrig bleiben wird Erschöpfung. Und Liebe!
„Ich werde hingerichtet, weil ich die Sprache der Ungläubigen spreche und anderen unterrichte. […]
Die Regierung ist machtlos und kann oder will uns überhaupt nicht helfen. Wir haben keine Kraft mehr und keine Möglichkeit mehr uns selbst zu helfen, jetzt sind unsere Augen auf die Deutschen gerichtet, die sind die einzigen, die uns nun helfen könnten, dass wir diesen Krieg überleben, wir alleine sind verloren. Wofür haben wir uns all die Jahre so für die Deutschen und die deutsche Sprache in unserem Land eingesetzt, wenn nun, wo wir in Lebensgefahr sind die Deutschen uns nicht retten?“
(Kabul, den 13. August 2021: Leyla Rahimi, 43 Jahre, Deutschlehrerin in Kabul)
Dies ist nur einer von stündlichen Hilferufen aus Afghanistan, die Zohra Soori-Nurzad vom deutschen Verein „Stitching for School and Life“ in diesen Tagen erreichen. Selbst als 9-jähriges Mädchen mit ihrer Familie aus Afghanistan nach Deutschland geflohen, hält Zohra Soori-Nurzad regelmäßigen Kontakt zu ihrem Herkunftsland und gründete 2014 das Hilfsprojekt, um afghanischen Frauen und Waisenkindern zu Bildung und Leben zu verhelfen.
Aufgrund der dramatischen Lage in Afghanistan geht es aktuell vor allem um Leben, das es dringend zu retten gilt! Zohra Soori-Nurzad erhält stündlich verzweifelte Hilferufe von Frauen, deren Leben durch die Taliban akut bedroht ist. Gerade die Deutschlehrerinnen, die den Weg eines Germanistikstudiums – trotz großer Hürden und ständiger Bedrängnis – mutig und vehement verteidigt haben und gegangen sind, hoffen in diesen Stunden auf Hilfe aus Deutschland. Dem Land, für das sie sich jahrelang stark gemacht und Bundeswehrsoldaten sprachliche Unterstützung geboten haben.
Auch Leyluma Ahmadi, 44 Jahre, Deutschlehrerin in Kabul, schreibt am 13. August 2021 folgenden Hilferuf:
„Wie Sie sicher aus den Medien wissen, hat sich die politische Lage in Afghanistan extrem verschlechtert und der Krieg hat die Tore Kabuls erreicht. Und die Taliban haben in den von ihnen kontrollierten und jeden Tag neu eroberten Gebieten verschiedene Gräueltaten begangen und begonnen die Menschen, die Geschäfte mit den Ungläubigen gemacht haben oder, wie wir, deren Sprache gelehrt haben nach einander umzubringen. […] Die Mädchen werden entführt, zwangsverheiratet, verkauft und vergewaltigt. Mir bleibt der Atem weg, wenn meine Töchter sagen: ,Mutter, wenn die Taliban kommen undsie uns gewaltsam zwangsverheiraten, werden wir Selbstmord begehen.“
Die kompletten Geschichten der vier Deutschlehrerinnen, ihre dramatischen Hilferufe und Details über die Arbeit von „Stitching for School and Life e.V.“ sowie Unterstützungsmöglichkeiten können Sie der Webseite des Vereins entnehmen.
Ist es verwerflich, in diesen Zeiten in den wohl verdienten Urlaub zu fahren? Zu egoistisch, zu rücksichtslos? Oder sollten sich alle, die Bedenken haben, einfach zuhause einsperren und die Reiselustigen unbeschwert ihr Leben genießen?
Sehr emotional vorgebrachte Meinungen rund um das Reisen während Corona bilden derzeit den Diskurs in verschiedenen Facebook-Gruppen sowie aber auch im privaten Bereich. Während manche der Sicher- und Unsicherheit halber lieber in diesem Jahr auf Auslandsreisen verzichten, zieht es andere hingegen in den sonnigen Süden, nicht zuletzt, um Abstand von der andauernden Corona-Debatte im Heimatland zu gewinnen. Beide Ansichten sind durchaus verständlich. Lässt sich Corona aber andernorts tatsächlich eine Weile ausblenden, ohne dabei nötige Abstands- und Hygieneregeln zu vernachlässigen?
Kroatien beispielsweise verzeichnet aktuell 467.000 Touristen; seit dem noch gespenstisch leeren Juni sind inzwischen merklich viele Urlauber ins Land gekommen, Strände, Cafés und Restaurants füllen sich, Ausflugsorte wirken nicht mehr wie Geisterstädte. Und dennoch ist es nach wie vor grundsätzlich möglich, auf ausreichenden Abstand und eine ordentliche Hygiene zu achten, wird man auch überall durch bereitgestellte Händedesinfektion und ausgehängte Empfehlungen, wie etwa zum Maskentragen und Abstandswahren, an die aktuelle Situation erinnert. Hier ist die Vernunft eines jeden einzelnen gefragt, ohne aber mit dem Finger auf den jeweils anderen zu zeigen. Ja, Sie sehen hier mittlerweile mitunter vollbesetzte Restaurants, ebenso wie aber auch nur spärlich besuchte; ist es Ihnen in einem zu viel, stehen Ihnen genügend Ausweichmöglichkeiten zur Verfügung. An den Stränden herrscht zwar wieder reges Treiben, jedoch gerade so viel, dass Ihnen ein eigenes Plätzchen mit ausreichend Abstand zu Ihren Nachbarn verbleibt. Beim Einkaufen steht es Ihnen in der Gespanschaft Split-Dalmatien derzeit noch frei, eine Maske zu tragen oder auch nicht, die Verkäufer treffen Sie seit den erneut aufkommenden Corona-Fällen wieder häufiger mit einer Mund-Nasen-Bedeckung und Handschuhen an, ebenso wie auch hier Plexiglasscheiben an den Kassen angebracht sind. In Apotheken und kleineren Shops oder Kiosks achtet man weitestgehend auf einen geregelten Einlass nur einzelner Personen. Selbst an zahlreichen Verkaufsständen am Strand haben Sie die Möglichkeit der Händedesinfektion, an den Zapfsäulen der Tankstellen liegen Einmalhandschuhe bereit und auch zwingt Sie sonst niemand, in engeren Körperkontakt zu treten als Ihnen lieb ist. Sogar die Möglichkeit privater Bootstouren ist in dieser besonderen Urlaubssaison gegeben, sei es durch Glück oder einen geringen Aufpreis. Private Vermieter halten ebenfalls Desinfektionsmittel für ihre Gäste bereit und geben bei Bedarf natürlich Auskunft über die aktuell bestehenden Regelungen. Ob Sie nun eine An- und Abreise per Flugzeug oder mit dem eigenen PKW bevorzugen, müssen Sie ebenso wie Ihr Verhalten im Urlaubsland, wenn keine gesetzlich vorgeschriebenen Regeln gelten, ausnahmsweise für sich selbst entscheiden. Aufgrund der jedoch immer wiederkehrenden Flugausfälle ist eine Anreise mit dem Auto wahrscheinlich aktuell empfehlenswerter und im Hinblick auf eine mögliche Infektion natürlich auch sicherer.
Was aber können Sie sonst noch unternehmen, um Ihren Urlaub im Sinne der Pandemie-Eindämmung trotzdem zu genießen? Sicherlich ist es derzeit, egal wo, ratsam, größere Ansammlungen von Menschen zu vermeiden, entstanden im Laufe dieser Krise daraus immerhin oftmals sogenannte Hotspots. Wer aber ohnehin kein Partyurlauber ist, sollte damit die geringsten Probleme haben. Nutzen Sie stattdessen die derzeitige Lage zur entspannten und ruhigen Erkundung Ihres Urlaubsziels und zur tatsächlichen Erholung abseits der – wenn auch kleiner als gewohnten – Touristenströme. Der Besuch beliebter Sehenswürdigkeiten oder Märkte lohnt sich oft in der Frühe, um nicht in den größten Andrang zu geraten. Achten Sie in Gastronomiebetrieben auf Ihnen genehme hygienische Verhältnisse und greifen bei Unsicherheit doch ruhig auch mal zu einem Eis am Stiel anstatt zur handschuhlos überreichten Alternative. Wozu ständig irgendwo einkehren, wenn sich das Eis, das Bier oder auch ein ganzes Picknick doch wunderbar an einem schönen und ungestörten Plätzchen in der Natur genießen lässt? Das Bier genießen Sie zudem am besten „stilvoll“ aus dem Becher statt der Dose. Reine Vorsicht statt Angst. Ein Restaurant- oder Cafébesuch sei Ihnen und natürlich auch den Wirten sehr gegönnt. Geben Sie aber vielleicht auch mal denjenigen eine Chance, die derzeit keine oder nur wenige Gäste verzeichnen. Ihr Urlaub könnte sich durch den neuen Ideenreichtum zu einem unvergesslichen Erlebnis durch neue Entdeckungen entwickeln. Sehen Sie grundsätzlich alles etwas entspannter, ist das ebenfalls Ihr gutes Recht, nicht aber rücksichtslos mit Ihren Mitmenschen umzugehen. Akzeptieren Sie Abstandswünsche und eventuelle Ängste der anderen und erfreuen sich stattdessen an denjenigen, die Ihnen aufgeschlossener gegenübertreten. Es gilt, die gesunde Mitte zu finden. Halten Sie vorsichtshalber, egal welcher Meinungsgruppe Sie angehören, Nummern und Anlaufstellen für den Notfall bereit und planen Sie gegebenenfalls auch eine flexible Rückreise aufgrund neuer Bestimmungen oder einer Lageveränderung ein. Zu der eigentlich auch außerhalb Corona gelten solltenden Hust- und Niesetikette sei anzumerken, dass dies in diesen Zeiten in der Öffentlichkeit gar peinlicher ist als ein versehentlich entwichener Pups, Sie also in diesem Fall auch im Urlaub besser drinnen bleiben oder in einer einsamen Bucht zwecks Salzwassertherapie das Weite suchen.
Fakt ist, es gilt derzeit überall, den von den Regierungen festgeschriebenen Corona-Maßnahmen Folge zu leisten und Empfehlungen zumindest zu beherzigen. Sind die Regelungen bereits etwas lockerer als in Ihrem Heimatland, liegt es an Ihnen selbst, für sich die richtigen Entscheidungen zu treffen, nicht aber, diese anderen aufzuerlegen. Bedenken sollten jedenfalls alle miteinander die Kapazitäten der jeweiligen Gesundheitssysteme und nicht leichtfertig damit umgehen, wenn man auch selbst eine adäquate Behandlung wünscht. Corona lässt sich in Kroatien immerhin insofern eine Weile ausblenden, als dass die Kroaten das Beste aus (je)der Situation machen und auch trotz Corona nicht vergessen, das Leben zu leben, ohne dabei die Pandemie jedoch gänzlich außer achtzulassen. Man betrachtet Sie respekt- und liebevoll als Mensch, nicht als einen potenziell Infizierten. Vor allem Kinder werden nicht wie eine Gefahrenquelle gemieden, sondern eben wie Kinder behandelt. Mit Liebe und Herzlichkeit. Aspekte, die – zum Beispiel aus Deutschland kommend – sehr erholsam sind! Menschlich bleiben ist gefragt. In jede Richtung.
Genießen Sie Ihren Urlaub, ob im Ausland oder auf Balkonien, und bleiben Sie gesund!
Nachtrag vom 11.07.2020: Ab Montag, den 13. Juli 2020, gilt kroatienweit eine Maskenpflicht beim Einkaufen, bei gestattetem Besuch in Pflegeeinrichtungen sowie für das Personal im Gastgewerbe und Gesundheitseinrichtungen. Die Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln hat ebenfalls weiterhin Bestand.
Das neuartige pandemische Virus SARS-CoV-2 beherrscht derzeit die Schlagzeilen und lässt die Welt im wahrsten Sinne des Wortes stillstehen. Allerorts greifen von Tag zu Tag immer mehr Maßnahmen, um sich gegen den unsichtbaren Feind zu wappnen. Die gemeinsame Strategie ist, ihn so lange wie möglich in Schach zu halten, um Zeit zu gewinnen. Zeit, um unsere Schwächsten zu schützen, Zeit, damit nicht alles auf einmal fällt, Zeit, ihn auszuspähen, um geeignete Waffen entwickeln zu können.
Dies klingt zu sehr nach Kriegsszenario? Leider ist es das auch, wie uns die erschütternden Berichte von Ärzten aus Italien bestätigen. Sind die Kapazitäten erst einmal erschöpft und geht die Munition aus, geht es um schnelle Entscheidungen, um ein rasches Abwägen von Helfen oder nicht. Survival of the fittest. Und das nicht nur an der Front. Nein, es trifft dann auch diejenigen, die sich bislang noch in Sicherheit wähnen, weil sie ohnehin nicht im Fokus des Feindes stehen. Keine Betten, keine Mediziner, keine Behandlung. Gilt auch für Nicht-Corona-Fälle.
Die Unsicherheit, so ist mit jedem Näherrücken des Feindes und jeder weiteren Abwehraufstellung zu spüren, schwingt jedenfalls bei jedem einzelnen von uns mit. Auch bei den Zynikern, denen bei jedem weiteren Gag allmählich das Lachen im Halse stecken bleibt, als auch bei jenen, die uns täglich erneut verzweifelt diverse Hygieneregeln um die Ohren werfen sowie bei den Politikern, die entweder noch sehr zögerlich handeln oder gleich in die Vollen gehen und selbst bei den medizinischen Fachleuten, die mitunter recht unterschiedliche Einschätzungen kommunizieren. Aber immerhin wird kommuniziert. Sachlich. Respektvoll. Verständnisvoll. Ebenso wie sämtliche Medien eine lücken- und schonungslose Aufklärung betreiben. Schlagartig wächst zusammen, was längst schon verloren geglaubt schien. Unsere Gesellschaft, die beim Thema Corona plötzlich nicht mehr in links und rechts, gut und böse, schwarz oder weiß denkt, sondern lediglich das gemeinsame Interesse zur Bekämpfung des Feindes sieht, der weder vor Herkunft, noch vor politischer oder religiöser Einstellung und im schlimmsten anzunehmenden Szenario auch vor dem Alter nicht Halt macht.
Nehmen wir die weltweiten „Coronaferien“ als Chance wahr, uns als Gesellschaft wieder in Einheit zu behaupten. Unterstützen wir uns gegenseitig, schließen wir uns zusammen und bauen uns gegenseitig auf. Sprechen wir uns Mut zu und bieten wir einander Hilfe. Und zwar unabhängig davon, ob dem Wut- oder dem Gutmenschen. Wir alle haben in Quarantäne Hunger, wir alle sorgen uns um nahestehende Menschen, wir alle brauchen jemanden, wenn wir uns einsam und ängstlich fühlen.
Ich bin überzeugt davon, das hat unsere Bundeskanzlerin auf der gestrigen Bundespressekonferenz gemeint, als sie sagte: „Da sind unsere Solidarität, unsere Vernunft, unser Herz füreinander schon auf eine Probe gestellt, von der ich mir wünsche, dass wir diese Probe auch bestehen.“