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Leben ist Auszeit

„Ich will nicht mehr zurück in die Normalität. DAS [hier] ist meine Normalität.“, sagte ein kroatischer Freund einmal über seine Auszeit von Zagreb im kroatischen Hinterland.

So amüsant die Worte im ersten Moment klingen mögen, so wahr sind sie. Ich weiß exakt, was er mit dieser Aussage meinte. Besser kann man dieses Gefühl gar nicht in Worte fassen. Das Gefühl des Gefangenseins, des Neben-sich-her-lebens. Ich gehe davon aus, dass sich mindestens 99 Prozent der Menschen in ihrem Alltagstrott so fühlen. Wer macht schon einen Job, der ihm nicht einfach nur Spaß macht, sondern wirklich genau das ist, wozu er sich berufen fühlt? Der ihn ausfüllt und den Menschen sein lässt, der er ist. Wer hat oder nimmt sich denn genügend Zeit für das Leben? Ich fürchte, die meisten Menschen wissen nicht einmal, was Leben bedeutet. Und das ist traurig, nicht überheblich und mit Häme zu betrachten. Nach dem Sinn des Lebens suchen wir auf unserem Weg wohl alle immer wieder. Gefunden haben ihn womöglich nur diejenigen, die uns das Geheimnis nicht mehr verraten können.

Ein guter Weg zur Erkennung des Lebenssinns ist, zu wissen, worin er nicht liegt. Das sind in meinen Augen Flatterbänder zwischen spielenden Kindern an der frischen Luft, die Nötigung von Eltern, ihren Kindern wiederum schwer belastende Dinge aufzunötigen, die sie nachhaltig erkranken lassen und das massenweise Brechen von Herzen und somit Persönlichkeiten, das die Würde eines Jeden mit Füßen tritt. Nein, all diese Dinge zerstören Leben. Nichts weiter!

Ich habe mich in den vergangenen Monaten immer wieder mit der für mich persönlichen Bedeutung und dem Versuch von „Auszeit“ beschäftigt und komme mehr und mehr zu dem Schluss, dass in der Auszeit allein das Leben liegt. Leben ist Auszeit! Es so zu begreifen, vor allem aber umzusetzen, ist der vermeintlich schwierigere Part an der Sache. Für jeden von uns gestaltet sich Auszeit sehr individuell. Dennoch gibt es einen allgemeingültigen Tipp, wie man den Weg dorthin einschlagen kann:

Machen Sie das, was Sie von Herzen gerne in Ihrem Leben machen möchten! Scheint es auch noch so absurd zu sein. Aber nur das wird Sie erfüllen und Ihre Seele vollkommen wirken lassen. In einem Alltag, der Auszeit ist.

Rückschritt oder Fortschritt?

Man könnte den Eindruck gewinnen, aktuell tut sich nicht wirklich etwas bezüglich meiner Pläne.

Was meine Arbeit betrifft, haben sich und habe auch ich ein paar Türen schließen müssen, dafür jedoch andere, wenn auch zaghaft, aber bestimmt, geöffnet. Eine geeignete Unterkunft ist noch nicht in Aussicht und trotzdem sortiere ich weiter fleißig aus, habe den Sperrmüll geordert und sehe uns gedanklich auch nicht mehr lange in der aktuellen oder einer hiesigen alternativen Wohnung.

Es ist seltsam. Nach außen hin mag es gerade nicht den Eindruck machen, dass hier eine Auswanderung passiert und dennoch erfolgen aus meiner Sicht derzeit sehr wichtige Schritte zum Ziel. Es erledigen sich gerade mitunter große Baustellen und nebenbei viele kleine, die für ein Vorankommen und Loslassen von großer Bedeutung sind. Ein unbeschreiblicher, aber beruhigender Workflow, der mich ganz ruhig und zuversichtlich stimmt. Hoffnung? Optimismus? Naivität ist es nicht, es ist ein sicheres Gefühl in Herz- und Bauchgegend, dass genau dieser Pfad zum Weg dazugehört. Alle Wege führen schließlich nach Rom. Oder in dem Fall: nach Kroatien.

Es ist Vertrauen, jetzt hab‘ ich es. Vertrauen in mich selbst. Auch, wenn man manchmal neu denken und umplanen muss, hindert es einen nicht daran, seinem Herzen weiter zu folgen. Für mich war das im Leben bisher immer die einzig richtige Option. Für mich. Und so verfolgt mein sturer Geist dieses unerreichbar wirkende Ziel weiterhin mit Vehemenz, die durchaus auch still, leise und entspannt daherkommen kann. Jedoch genauso kraftvoll wie die stärkste Bura. Nur unauffälliger eben.

Dieses ruhige Treiben verhilft mir aktuell sehr, um auch während des Marathons Kraft zu sammeln, damit mir nicht die Puste ausgeht. Ich habe neben dieser Zuversicht leider auch das unterschwellig beklemmende Gefühl, dass ich die Luft noch brauchen werde. Sie darf mir also nicht ausgehen. In der Ruhe liegt tatsächlich die Kraft. Die nehme ich mir. Ganz gefühlsmäßig.

Gesundheitliche Baustellen

Der letzte Monat war geprägt von der Abwicklung einer sehr großen, zeitintensiven und belastenden Baustelle. Ein Riesenturm, der ständig auf mich einzubrechen drohte, ist nun ordentlich abgeschlossen; lediglich ein paar Formalitäten sind noch zu erledigen.

Dieser permanente Druck, zusätzlich zu den Belastungen rund um die aktuelle Krise, hat mir in den vergangenen Monaten das Atmen wirklich erschwert, meinen Brustkorb zugeschnürt und mich sogar das ein oder andere Mal bei Ärzten vorstellig werden lassen. Wie es ja im Leben immer zu sein scheint: Wenn es kommt, dann kommt es richtig, alles auf einmal und sowieso passiert sowas immer nur einem selbst. Sie kennen das.

Ohne Sie nun unnötig mit meiner Krankenakte oder meinen zahlreichen Baustellen ringsherum und mittendrin zu behelligen, dürfen Sie mir glauben, dass es mir in den letzten Monaten alles andere als gut ging. Es gab mehr als einen Moment der Verzweiflung, von tiefer Trauer bis hin zu nie dagewesenen Ohnmachtsgefühlen, die ich gerade gar nicht näher beschreiben möchte. Die eingangs erwähnte größte Baustelle von allen hat gefühlsmäßig jedoch nicht einmal an einen absoluten Herzschmerz herangereicht, wie ich ihn in meinem Leben noch nicht erlebt habe. Und es gab schon so etliches in meinen jungen Jahren. Eines möchte ich Ihnen dabei verraten. Ich bin tatsächlich so fertig, so erschöpft, so ausgelaugt, so fassungslos und müde, dass ich nicht einmal mehr eine Träne vergieße. Es kommt einfach keine, obwohl es sich in mir staut und eigentlich überlaufen müsste. Sie fließen nicht. Ob aus unbewusstem Selbstschutz oder Kraftlosigkeit heraus, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilen. Vielleicht ist es beides. Vielleicht auch Wut und Enttäuschung, die das Selbstmitleid wegwischen sollen.

Kurzum: Mein allgemeiner Gesundheitszustand könnte besser sein für meine Pläne. Und dennoch zwingen sie sich mir auf. Ununterbrochen und zugegebenermaßen mit einer gewissen unterschwelligen Grundpanik und dem innerlichen, festen Entschluss, nicht mehr zurückzustecken, zu warten und äußere Umstände über mein Leben bestimmen zu lassen. Nein, ich möchte nicht den kompletten Ballast mitnehmen; einiges davon gehört vor Abreise abgeklärt und erledigt. Dass ich mich selbst und meine Sorgen und Wehwehchen überall mit mir trage, ist mir natürlich bewusst, jedoch kein Hindernis für mich. Warum auch? Genesen muss ich letztlich überall, wenn es irgendwie weitergehen soll. Hier kann und will ich es aber nicht, weil dies hier ein Hindernis ist. Für mich.

Mit dem Abschluss der ersten – ja der größten und von außen betrachtet sicherlich schlimmsten – Baustelle aber ist es wunderbar festzustellen, dass mit ihr auch die körperlichen Schmerzen nachlassen, teilweise sogar verschwunden sind. Es ist befreiend. Ich kann wieder atmen! Und diesen dringend benötigten Sauerstoff verwende ich nun peu à peu, um Kraft aufzubringen für weitere Hürden. Vor allem aber versuche ich, mir die Luft dabei nicht mehr nehmen zu lassen! Ich möchte am Ziel nicht zusammenbrechen. Aufblühen möchte ich. In meiner vollkommenen und verdienten Schönheit!

Erste Schritte

Wie Sie bereits wissen, sind meine Auswanderungspläne geprägt von einer planlosen Flucht. Wobei, das Ziel steht, die Beschäftigung auch und der Antrieb läuft auf Turbo. Das macht es vielleicht etwas chaotisch, aber dafür umso ernsthafter. Gewillter könnte man sagen. Mehr als je zuvor.

Nun gut, eine feste Bleibe steht noch nicht in Aussicht, ebenso wenig wie ein Umzugsdatum. Damit es aber vorangeht, starte ich dennoch mit dem Aussortieren, als wäre die Wohnung hier schon gekündigt und der Umzugswagen bestellt. Ich muss jetzt Fortschritte sehen, um die hiesigen Baustellen zuversichtlich abwickeln zu können. Also eine Art Motivations-Therapie. Dass ich es schaffen kann. Genau das Richtige für diese unerträglichen Zustände hier.

Ich möchte Ballast abwerfen, so auch mit Möbeln und sonstigem Inventar, das ich künftig gerne etwas minimalistischer halten möchte. So starte ich mit Dingen wie überflüssiger, verstaubter Dekoartikel, aus den Schränken herausfallender Tupperware, Klamotten, die ich im Leben nicht mal mehr über die Füße gezogen bekomme und anderen Dingen, die die Wände der Räume immer näher erscheinen lassen. Einige Möbelstücke werde ich mit Freude auf den Sperrmüll werfen und Kindersachen, aus denen meine Jungs herausgewachsen sind, verschenken. Na klar könnte man das Geld gut gebrauchen jetzt, aber ich bin froh über jede Organisation, die ich aktuell weniger zu tätigen habe. Am liebsten würde ich komplett ohne Möbel los und eine möblierte Wohnung beziehen, aber schauen wir mal, was sich unterkunftsmäßig letztlich ergibt. Die Fühler sind ausgestreckt.

Ich glaube, einmal angefangen mit dem Ausmisten, wird mich die pure Freude packen. Echte Freiheitsfreude! Ja. Das wird nun mein erstes konkretes Umzugsprojekt: die Wohnung soweit vorzubereiten, dass es am Tage X quasi mit Sack und Pack losgehen kann. Möglichst unbeschwert und frei.

Und was die Sichtbarkeit meines Vorhabens angeht, so wissen die Familien und vereinzelte Freunde bereits Bescheid über meine Pläne, das Land für immer zu verlassen. Dass sie verstanden haben, dass es mir ernst ist, konnte ich an ihren Gesichtern oder Chat-Antworten sehen. Es tut mir nicht leid. Ganz ohne schlechtes Gewissen oder böse Absicht. Die letzten 18 Monate haben mir klargemacht, dass ich endlich auch auf mich schauen und mir keine Zeit mehr stehlen lassen werde. Mein Entschluss bedeutet keine Ausgrenzung, sondern die Chance auf die Wiedererlangung der Fähigkeit, meine Liebsten wieder mitnehmen zu können. Man muss für alles bei sich selbst anfangen.

Nachtrag: Zwei Kleidersäcke sind bereits im Altkleidercontainer und ich hätte Lust, die ganze Nacht weiterzumachen. Ich fühle mich gut!

Kein Plan

Wenn Sie jetzt dachten, ich habe gut durchdachte und strukturierte Auswanderungspläne, so muss ich Sie leider enttäuschen. Mein persönlicher Plan besteht eigentlich einzig und allein aus dem Vorsatz „sobald es geht, geht’s los“. Aber das stimmt so nun auch wieder nicht so ganz. Im Grunde genommen fing ja alles vor etlichen Jahren schon an…

Bei meinem ersten Kroatien-Aufenthalt habe ich mich wirklich wie in einer anderen Welt gefühlt. Alles sah so anders aus, die Menschen waren anders, das Leben dort, Arbeiten, das Miteinander, einfach alles. Und doch war ich nicht fremd dort. Seltsam und anziehend zugleich. Wie einem Automatismus folgend, machte ich mich gleich nach Rückkehr an mein erstes Geschäftskonzept zu meinem neuen Lieblingsthema: Kroatien. Dieser erste Plan für ein Leben im zauberhaften Kroatien hatte übrigens genau mit dem zu tun, was ich heute beruflich mache. Insofern habe ich meinen Weg, wenn lange Zeit auch unbewusst, geradlinig verfolgt. Man kann wahrlich sagen, ich bin meiner Bestimmung, meiner Seele gefolgt.

Diesen Rat möchte ich Ihnen an der Stelle auch gerne mit auf den Weg geben. Folgen Sie Ihren innersten Bestrebungen, Ihrem tief empfundenen Glück. Dies mag zwar in der Umsetzung länger dauern, wird sich am Ende aber gewiss als richtig für Sie selbst erweisen. Diese Lebensweisheit sollte übrigens für jeden Ort gelten, nicht nur speziell für eine Auswanderung nach Kroatien. Aber letztlich dreht es sich natürlich immer darum, wie man sich seine Lebensträume erfüllen kann, sprich: was kostet mich der Spaß? Dabei sollte man die Sache genau andersherum angehen und sich fragen: Was macht mich glücklich, was kann ich besonders gut, wie kann ich einen wertvollen Teil zur Gesellschaft beitragen und wo und wie kann ich mich damit einbringen? Was also ist mit dem, was ich hab‘, möglich bzw. wie ist es möglich? So hört man auch auf, in Dimensionen zu träumen, die schlicht utopisch und für einen selbst vielleicht gar nicht erstrebenswert sind. Es braucht wahrlich nicht viel zum Glücklichsein. Das Glück liegt in Ihnen selbst und das zu begreifen ist nicht mal so schwer, wie es mit diesen Zeilen klingen mag. Aber Sie müssen selbst darauf kommen.

Nun, meine größte Leidenschaft habe ich tatsächlich inzwischen zum Beruf gemacht. Dass dieser dazu noch von Zuhause aus möglich ist, bringt mich in die perfekte Lage des ortsunabhängigen Arbeitens, oder besser: des ortsunabhängigen Lebens. Nichts desto trotz gibt es ringsherum noch einige Baustellen, die es vorab zu bewerkstelligen gilt, bevor es dann euphorisch gen Süden gehen kann. Schule und Kindergarten sind dabei das kleinste Problem, ebenso wie ich kein Problem damit habe, dass die gesamte Familie eben in Deutschland ist. Ich gehe davon aus, in Kroatien werden die Besuche gar häufiger sein als hier. So der Plan.

Was Formalitäten angeht, so habe ich nur selten zwischendurch typisch deutsche Ausraster, bei denen ich denke, das kann alles nicht funktionieren. In der Regel fange ich mich dann schnell wieder und mache mir klar, ob ich hier lebe oder anderswo – letztlich ist es egal, wo ich mich mit Formalitäten auseinandersetzen muss. Sie nerven überall und eine Verständlichkeit in der Muttersprache ist auch nicht immer unbedingt gegeben. So what? Kroatische Steuernummer, Arbeit und Bankkonto habe ich ja bereits im Gepäck, sodass ich grundsätzlich meine Arbeit ununterbrochen fortsetzen kann. Steuerliche Aspekte kläre ich aktuell und Versicherungen würde ich ebenfalls am liebsten ausschließlich dort haben, wo ich auch lebe. Ich neige aus sehr persönlichen Gründen dazu, hier wirklich restlos alles abzumelden. Drauf geschissen, auf die vermeintliche deutsche Sicherheit!

Ja. Der Plan ist, sobald es geht, geht’s los!