Wer die Freiheit verkennt, war nie frei

Freiheit. Ein für manche Menschen offenkundig leidiger Begriff. Warum das so ist, darüber lässt sich nur spekulieren…

Wissen sie die Freiheit, in der sie sich selbst befinden, einfach nicht zu schätzen? Stört es sie bloß, wenn andere Menschen ihre Freiheiten ausleben möchten? Sehen sie dadurch vielleicht ihre ideologischen Ziele gefährdet, denen sich alle zu unterwerfen haben? Oder waren sie selbst eventuell nie wirklich frei? Ich schätze, das Problem liegt sogar viel tiefer und viele Menschen wissen nicht, was Freiheit wirklich bedeutet. Nämlich für jeden Menschen etwas anderes, ganz eigenes. Denn auch in einer vermeintlich freien Welt kann man durchaus sehr eingeengt sein. Sich zumindest so fühlen. Ein chinesisches Sprichwort besagt, „Wahre Freiheit entdeckt der Mensch erst dann, wenn er das Interesse daran verliert, welchen Eindruck er erweckt.“. In meinen Augen kann Freiheit nicht besser beschrieben werden, sind wir doch fast alle gefangen in Systemen, die unserem natürlichen Bedürfnis nach Selbstverwirklichung eher widersprechen anstatt diesem dienlich zu sein. Angefangen bei Bildungseinrichtungen, in denen alle Kinder gleichermaßen anhand von starren Bewertungsbögen… ja, eben bewertet werden. Freie Entfaltung und Förderung individueller Begabungen sind da nicht nur nicht willkommen, sondern auch schlicht nicht umzusetzen. Weiter geht es im Berufsleben, wo Anerkennung vor Fähigkeiten steht. Große Träume zerplatzen da nicht selten im neidischen Gelächter derjenigen, die sich selbst gefangen halten und das Freisein verlernt, vielleicht aber auch nie kennengelernt haben. Der Weg zu einer nach diesem Sprichwort wahrhaftigen Freiheit ist ein ungemütlicher Weg. Wenn man ihn jedoch gegangen ist, erhält man einen Ausblick über alles, ohne von oben herabzuschauen. Diese Sicht mag nicht immer die schönste sein, jedoch macht sie frei. Frei für einen Panoramablick. Den jeder erhalten kann, der sich dafür öffnet.

Im Duden wird der Begriff Freiheit folgendermaßen definiert:

„Freiheit, die

Zustand, in dem jemand von bestimmten persönlichen oder gesellschaftlichen, als Zwang oder Last empfundenen Bindungen oder Verpflichtungen frei ist und sich in seinen Entscheidungen o. Ä. nicht [mehr] eingeschränkt fühlt; Unabhängigkeit, Ungebundenheit

Nicht umsonst werden in dieser Definition von Freiheit Begrifflichkeiten wie Empfindungen und Gefühle berücksichtigt. Denn Freiheit liegt im Auge des Betrachters und kann somit nicht allgemeingültig definiert werden. Freiheiten, die – ebenfalls nicht umsonst – grundgesetzlich gesichert sind, hingegen schon. Sind etwa Freiheiten der Bewegung, der Berufsausübung, des Rechts auf Bildung oder der körperlichen Unversehrtheit eingeschränkt, ist es sehr unanständig, andere dafür zu verurteilen, die daran erkranken, nur weil man selbst vielleicht kein Problem damit hat.

Das persönliche Freiheitsempfinden ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Während sich jemand durch Vorschriften oder Verbote nicht sonderlich eingeschränkt fühlt, können solche eine andere Person gesundheitlich stark belasten. Diese unterschiedlichen Auswirkungen von Freiheitsentzug resultieren aus den individuellen Gegebenheiten der Menschen, aus ihren eigenen Erfahrungen, ihrer Sozialisierung, den Bedürfnissen, dem Gesundheitszustand, der aktuellen persönlichen Situation, ob zwischenmenschlich, beruflich oder anderem. Wie die Menschen im einzelnen also auf Freiheitseinschränkungen reagieren, ist weder vorhersehbar noch steuerbar. So kann auch eine emotional sehr gefestigte Person psychisch stärker betroffen sein als eine, die bis dato vielleicht schon mehr Belastungen im Leben zu tragen hatte. Da steckt man nicht drin. Umso wichtiger also, dass wir die Gefühle der anderen respektieren, anstatt ihnen unsere eigenen als allgemeingültig aufzuerlegen. Denn dort, wo die Freiheit des anderen beginnt, endet – frei nach Kant – bekanntlich die eigene. Oder wie Jean-Jacques Rousseau sagte: „Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern darin, dass er nicht tun muss, was er nicht will.“. Anhand all der Definitionen von Freiheit können wir also konstatieren, dass diese aktuell eben  sehr wohl auch objektiv betrachtet nicht vorhanden ist.

Aber ganz gleich, wie viele Schwierigkeiten uns das im einzelnen macht oder nicht und wenn wir geistig vielleicht auch einfach nicht  in der Lage sein mögen, uns auch in andere Menschen hineinzufühlen, dürfen wir diese Tatsache dabei nicht ausblenden.

Es ist daher erstaunlich, welche Reaktionen in der jetzigen Zeit etwa Reiseberichte mit persönlichen Erfahrungen und Empfindungen bei so manchem Menschen auslösen. Anstatt die Freude des Berichterstatters zu teilen oder sie ihm wenigstens zu gönnen, werden ihm Falschbehauptungen unterstellt, mangelnde Zufriedenheit auch trotz aktueller Freiheitseinschränkungen und Populismus natürlich sowieso. Wie man sich aufgrund eines subjektiven Erfahrungsberichtes derart getriggert fühlen kann, dass einen der Frust einiger Menschen über die nun monatelang andauernden Zustände ernsthaft verwundert, muss man intellektuell erst einmal schaffen. Nein, natürlich muss man nicht jede Emotion teilen, sie aber doch zumindest respektieren, ohne denjenigen gleich völlig unbegründet in Ecken zu stellen, die einfach nur das Thema verfehlen. Tatsachen zudem zu verdrehen oder aus einer privilegierteren Position heraus einfach herunterzuspielen, ist an Dekadenz  nicht zu übertreffen. Die Marie Antoinette nachgesagte Aussage, „dann sollen sie doch Kuchen essen“, beschreibt diesen Hochmut perfekt.

Wer keine Freiheit fühlt, soll also doch Maske tragen, sich testen und impfen lassen. Diese Absurdität, sollte man meinen, müsste auch dem größten Maßnahmenverharmloser eigentlich einleuchten. Uneigentlich scheinen diese Menschen aber halt einfach unfrei im Geiste zu sein und den Begriff der Freiheit, den sie zudem noch in Anführungszeichen setzen, nie wirklich verstanden zu haben, sodenn sie ihre Vorteile auch stetig nutzen. Richtig frei sind und waren diese Menschen vermutlich dennoch nie. Das ist traurig, wenngleich in der aktuellen Lage sicherlich auch sehr hilfreich.

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