Es gibt keine Drachen mehr

Gestern war ein wunderschöner Oktobertag. Ein wenig Sonne. Nicht zu kühl. Etwas windig. Ich bin mit meinem Hund wie jeden Tag durch den Wald und über die Wiesen und Felder unseres kleinen Dorfs spazieren gegangen.

Vor den ersten Häusern der Ortschaft steht eine Bank unter einem riesigen Kastanienbaum. Dort hat man einen wunderschönen Ausblick auf die umliegende Landschaft, zu der es am Dorfeingang in einer Inschrift unter einem Marienbildnis heißt, „Maria möge unser Dorf und seine Auen schützen“.

Wie üblich, habe ich mich auf die Bank gesetzt und die Aussicht genossen.

Und dann ist es mir aufgefallen. Hunderte Kastanien lagen verstreut am Boden. Glänzend und teilweise noch in ihrer grünen Schale. Kastanien, welche Kinder früher nach der Schule oder nach dem Kindergarten begeistert aufgesammelt haben, um damit kleine Figuren zu basteln, wie schon wir es als Kinder getan haben.

Die Kinder kommen sie nicht mehr sammeln.

Als ich dann über die Wiesen und Felder geschaut habe, habe ich bemerkt, dass etwas gefehlt hat. Drachen. In all den Jahren, in denen ich im Herbst spazieren gegangen bin, haben die Kinder des Dorfes dort ihre Drachen steigen lassen. Selbstgebastelte, bunte Drachen, die im Wind flattern.

Gestern war es still. Keine Kinder. Keine Drachen.

Dann bin ich nach Hause gegangen. Und im Ort kamen mir 2 Knirpse entgegen.

Ohne Drachen. Aber mit Maske.

(Autor: Harald Jungbluth, Erstveröffentlichung durch ihn selbst auf Facebook am 9.10.2020)

(Bildnachweis: Westnetz / aus einem Artikel von LokalKlick.eu vom 23.10.18)


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