Heute ist Tag der Deutschen Einheit. Vereint scheint hier jedoch niemand und nichts mehr.
Stattdessen Menschenverachtung, Empathielosigkeit und Hass, wohin man schaut. Ob es gehässige Todeswünsche an den amerikanischen Präsidenten sind, Ignoranz gegenüber anderen Sorgen als den eigenen oder gar Beschimpfungen gegen Kinder, die gerne von ihrem Recht, im Klassenraum die Maske abzulegen, Gebrauch machen möchten. In Nordrhein-Westfalen besteht seit dem 1. Oktober 2020 innerhalb des Klassenraumes keine Verpflichtung mehr zum Tragen eines s.g. Mund-Nasen-Schutzes. Zwar mag es hier lediglich um einige wenige Minuten gehen, wie die Befürworter dieser Maßnahme zur Überzeugung gerne betonen. Zeitgleich stellen diese paar Minuten, in denen die Kinder nicht vom Staat dazu gezwungen werden, ihre Atemwege zu bedecken, für manche Kinder eben auch eine große Erleichterung und Freude dar. Jede Zeit, in der die Kinder nicht die große Bedrohung signalisiert bekommen oder an die mögliche Schuld am Tod der Großeltern erinnert werden, ist ein wichtiger Schritt zur Gesundung der verängstigten Seelen.
Ich frage mich, wie tief ist eine Gesellschaft gesunken, die Kindern die Verantwortung für die Gesundheit anderer aufbürdet, sie sogar emotional derart unter Druck setzt, dass sie sich nicht trauen, auf ihr eigenes Wohlbefinden zu achten? Können wir es als Gesellschaft ernsthaft verantworten, die Gesundheit der Kinder für die Gesundheit ihrer Mitmenschen zu opfern? Wessen Gesundheit hat mehr Gewicht? Die Triage hat längst begonnen, bevor Coronapatienten die Krankenhäuser fluten, fürchte ich.
Ängste sind echt, sie müssen ernstgenommen werden, auch diese, die wir vielleicht nicht nachempfinden können. Eine Triage jedoch, bei der wir die Traumatisierung einer ganzen Generation billigend in Kauf nehmen, obwohl sie sich verhindern ließe, ist nicht zu rechtfertigen. Es geht um unsere Kinder, die wir als Eltern zu schützen haben. Auch, wenn die Kinder „das ja alles ganz toll mitmachen“, wer blickt in die verletzten Kinderseelen? Doch wohl nur die Eltern!
Den Kindern, die unter den Maßnahmen leiden, muss endlich die Option eingeräumt werden, ebenfalls gesund durch diese Krise zu kommen. Das geschieht nicht, indem sie unter Druck gesetzt, gemobbt und beschimpft werden! Wenn Schule ohne Masken und ohne Abstand in Deutschland angeblich nicht möglich ist, dann muss es wenigstens die freie Entscheidung der Eltern und Kinder sein, daran teilzunehmen oder nicht.
In einer Stellungnahme des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) e.V. sowie der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ) e.V. vom 28. April 2020 heißt es:
„Wir empfehlen daher, wie auch die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) e.V.2, das regelmäßige Tragen einer Maske frühestens ab 6 Jahren bzw. im Schulalter zu erwägen, wobei beachtet werden muss, dass dies keinen Zwang darstellen darf, gerade bei jüngeren Schulkindern unter 10 Jahren. Im Gegensatz zu MNB können Kinder auch in jüngerem Alter bereits an anderen Maßnahmen der Verminderung der Infektionsausbreitung teilnehmen wie korrektes Händewaschen mit Seife und Hustenetikette. An COVID-19 Erkrankte sollen weiterhin zu Hause isoliert werden.“
Nicht nur, dass dieser Zwang nun bereits seit Monaten eben doch auch für Kinder besteht. Obendrein beugt man nun deren Recht, wenigstens im Klassenraum keine Maske mehr tragen zu müssen, indem man sie unter Druck setzt, „doch ein Zeichen für die Gemeinschaft zu setzen“.
Setzen Sie, liebe Lehrer, liebe Politiker, vor allem aber liebe Eltern und Großeltern, endlich ein Zeichen für die Kinder, die ebenfalls ein Recht auf körperliche Unversehrtheit haben und sehr wohl auch dann zur „Gemeinschaft“ gehören, wenn sie von diesem Gebrauch machen!
(Bildnachweis: Pexels)