Vertrauenssache – die Panik vor dem Verfassungsschutz

Am 28. Oktober dieses Jahres gab der Verfassungsschutz sein neu eingerichtetes Hinweistelefon „Rechtsextremismus/-Terrorismus, Reichsbürger und Selbstverwalter“, kurz RechtsEx, bekannt. Dort kann sich jeder Bürger vertraulich melden, sollte er Beobachtungen in seinem Umfeld machen, die für derartige Bestrebungen sprechen könnten.

Eigentlich keine neue Vorgehensweise des Bundesamtes, existiert etwa seit etlichen Jahren schon ebenso ein Hinweistelefon für islamistischen Terrorismus. Während sich über dieses jedoch bislang niemand sonderlich irritiert zeigte, sorgt das neu eingerichtete Hinweistelefon hingegen beim ein oder anderen User sozialer Netzwerke aktuell für Empörung. Recht groß anscheinend die Angst davor, womöglich selbst Gegenstand künftiger Ermittlungen in diesem Feld werden zu können. Ganz selbstverständlich und dankbar, so scheint es, wird im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus jedoch zugehöriges Hinweistelefon angenommen, welches neben Deutsch unter der Woche sogar zusätzlich auf Türkisch und Arabisch kontaktiert werden kann.

Nun mag die Sorge um eine etwaige Denunzation in Zeiten des „Facebook-Prangers“ nicht ganz unbegründet sein, wird doch inzwischen oftmals vorschnell in extremistischen Schubladen gedacht, weil sich Menschen für manches Empfinden zu rechts, zu links oder zu islamistisch geäußert haben. Was dabei nicht bedacht wird, ist jedoch die Tatsache, dass jeder Bürger – schon immer – andere Menschen, bei denen er extremistische Taten oder eine Radikalisierung in eine bestimmte Richtung befürchtet, bei den entsprechenden Sicherheitsbehörden melden kann. Dies bestätigt das Bundesamt für Verfassungsschutz auf eine Nachfrage. Zusätzlich wundern sich auf Facebook einige Mitglieder darüber, warum es neben dem Hinweistelefon für Rechtsextremismus keines für Linksextremismus gibt. Auch der AfD-Bundessprecher Prof. Dr. Jörg Meuthen greift diese Frage am 6.11.2019 in seiner morgendlichen Kolumne auf Facebook auf, „wo das Hinweistelefon Linksextremismus bleibt“. Hierzu erklärt das Bundesamt für Verfassungsschutz weiter, dass zwar aktuell keine weiteren Hinweistelefone in anderen Arbeitsfeldern, wie etwa dem Links- oder Ausländerextremismus geplant seien, weist ebenfalls aber nachdrücklich darauf hin, dass die Behörde Meldungen in allen Bereichen rund um die Uhr, auch telefonisch, entgegennimmt. Im Rechtsextremismus stellt das Amt aktuell jedoch die gefährlichste Lageentwicklung fest.

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(Bildnachweis: Screenshot Facebook-Beitrag Prof. Dr. Jörg Meuthen, AfD, vom 06.11.2019)

Man wird nicht ausschließen können, dass sich Hinweise nach Prüfung als unbegründet herausstellen. Fakt ist jedoch, dass durch die Möglichkeit einer Meldung erheblich zu der Vermeidung extremistischer Straftaten beigetragen werden kann, von welchem Hintergrund aus sie auch geplant sein mögen. Und das dürfte jeden gesetzestreuen Bürger beruhigt anstatt besorgt stimmen.

Die Sicherheitsbehörden treten tagtäglich für unsere freiheitliche demokratische Grundordnung ein und sollten daher vom pflichtbewussten Bürger erwarten dürfen, dass auch er verantwortungsvoll mit jener umgeht, indem er zum einen nicht scheut, Verdachtsfälle mitzuteilen, zum anderen Meldungen aber auch nicht leichtfertig tätigt. So verweist das Bundesamt für Verfassungsschutz auf seiner Webseite bei beiden Hinweistelefonen darauf, „es bitte nicht zur Denunzierung von Bürgerinnen und Bürgern zu missbrauchen“. Weiterhin findet sich dort nachfolgende Erklärung des Präsidenten des BfV, Thomas Haldenwang: „Das BfV verstärkt seine Aktivitäten zur Aufklärung und Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus kontinuierlich weiter. Das Hinweistelefon „RechtsEX“ ist hierbei ein ergänzender Baustein. Es geht nicht um Denunziantentum, sondern wir wollen jede Möglichkeit nutzen, an Informationen zu gelangen. Vorbild ist das Hinweistelefon zum islamistischen Terrorismus, durch das wir wertige Hinweise generieren konnten. Die Hinweise werden vertraulich behandelt und sorgfältig geprüft. Sicherheit geht uns alle an! Das neue Angebot des BfV ist daher auch ein Zeichen für ein gemeinschaftliches Handeln von Staat und Zivilgesellschaft – für Sicherheit und Freiheit.“

Ein Vertrauensvorschuss, den wir ihnen umgekehrt ebenso zugestehen sollten, dass sie in unser aller Interesse für unsere Sicherheit und Freiheit einstehen, nicht aber nun jedes Facebook-Mitglied observieren, das sich im Rahmen unseres Grundgesetzes lediglich kritisch über das aktuelle Geschehen äußert. Im gegenseitigen Misstrauen jedenfalls wird ein gemeinschaftlicher Kampf gegen jeden Extremismus zur reinen Farce, auf die wir – so darf behauptet werden – gut und gerne verzichten können.

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